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"UMWELT UND GESUNDHEIT KONSEQUENT ZUSAMMENDENKEN": UMWELTRAT VERÖFFENTLICHT SONDERGUTACHTEN

In Deutschland sind immer noch viele Menschen von gesundheitsschädlichen Umweltbelastungen wie Luftschadstoffen und Lärm betroffen. Diese Belastungen sind häufig sozial ungleich verteilt. Dazu kommen neue Gesundheitsrisiken, zum Beispiel durch den Klimawandel. In Politik und Gesellschaft wird der enge Zusammenhang zwischen Umwelt und menschlicher Gesundheit noch zu wenig beachtet. Wie dies geändert werden kann, zeigt der SRU in einem Sondergutachten, das er an Bundesumweltministerin Steffi Lemke und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach überreicht hat.

Die jüngsten Hitzewellen, Dürreperioden und Starkregenereignisse, aber auch die COVID-19-Pandemie sind erneute Weckrufe, die Gesundheitsdimensionen des Umwelt-, Natur- und Klimaschutzes deutlich ernster zu nehmen. Bei den anstehenden Transformationen der Verkehrs-, Energie-, Agrar- und Ernährungssysteme sollte die menschliche Gesundheit konsequent mitgedacht werden. Der SRU gibt mit seinem Sondergutachten "Umwelt und Gesundheit konsequent zusammendenken" Empfehlungen, wie dies gelingen kann.

Bekannte Gesundheitsrisiken sollten dringend verringert werden:

  • Feinstaub gehört weiter zu den größten umweltbezogenen Gesundheitsbelastungen. Zwar werden die europäischen Grenzwerte inzwischen in Deutschland eingehalten, sie sind allerdings nicht ambitioniert genug und sollten stärker an die WHO-Empfehlungen angepasst werden. Es sind weitere Maßnahmen nötig, um die Feinstaubbelastung zu verringern, insbesondere beim motorisierten Straßenverkehr.
  • Die Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen ist besorgniserregend. Der Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung trägt dazu bei und muss weiter vermindert werden.
  • Die PFAS (per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen) sind ein Beispiel für die Risiken, die mit der Verwendung von langlebigen und bioakkumulierenden Chemikalien verbunden sind. PFAS werden unter anderem in Verbraucherprodukten wie Textilien und Kosmetika eingesetzt. Für einen vorsorgenden Umgang mit diesen Stoffen sollte eine Regulation der ganzen Stoffgruppe auf den Weg gebracht werden.
  • Die Klimakrise hat auch wesentliche Auswirkungen auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen. Ein Beispiel hierfür ist die Zunahme von Hitze. Insbesondere in den Städten müssen die Menschen vor Hitzestress besser geschützt werden.
Natur ist auch als Gesundheitsressource zu schützen

Wie wichtig die Natur für unsere Gesundheit ist, wird oft unterschätzt. Ökosysteme sichern nicht nur die Versorgung mit Lebensmitteln und anderen materiellen Gütern. Sie können das körperliche, mentale und soziale Wohlbefinden auch über Naturerlebnisse fördern, die beispielsweise Stress lindern, zu körperlicher Bewegung anregen und wahrscheinlich auch das menschliche Immunsystem stärken. Um all diese Funktionen zu erhalten, muss die Natur besser geschützt werden und mehr Raum erhalten. Zugleich dienen Maßnahmen des umweltbezogenen Gesundheitsschutzes häufig auch der Natur. Diese Synergien zwischen Naturschutz und Gesundheit sollten besser genutzt werden.

Das Leitbild Ökosalute Politik kann die Integration von Umwelt und Gesundheit fördern

Die beschriebenen Probleme erfordern einen neuen Orientierungsrahmen. Im Gesundheitsschutz gibt es bereits eine Reihe von hilfreichen Konzepten, beispielsweise One Health und Planetary Health. Um die Erkenntnisse aus verschiedenen Ansätzen miteinander zu verknüpfen, hat der SRU das Leitbild Ökosalute Politik formuliert, das verschiedene Grundsätze umfasst: Umweltschutz als Voraussetzung für Gesundheit und Freiheit, Schutz der lokalen und der planetaren Umwelt, Umwelt als Risiko und Chance für die Gesundheit, Erhalt der Natur als Gesundheitsressource sowie gesundheitsbezogene Umweltpolitik für alle und mit allen. Für die Umsetzung einer ökosaluten Politik ist es wichtig, die bestehenden Instrumente wie Monitoring, Grenzwertsetzung und Gesundheitsfolgenabschätzung konsequent zu nutzen und weiterzuentwickeln.

Städte sollten umweltgerechter und gesünder gestaltet werden

Die meisten Menschen in Deutschland leben in Städten. Gerade in Großstädten verdichten sich Umweltprobleme wie Hitze, Lärm und Luftschadstoffe in der Außenluft und es fehlt oft an wohnortnahen gesundheitsfördernden Ressourcen wie Grünräumen und Gewässern. Außerdem sind die Umweltbelastungen und -ressourcen häufig sozialräumlich ungleich verteilt. Um lebenswerte Städte zu gestalten, ist es wichtig, bestehende Belastungen zu mindern, Erholungsräume zu sichern und die Umweltgerechtigkeit zu stärken. Auch für die Klimaanpassung ist es von Bedeutung, Grünräume zu erhalten und auszubauen. Die zentrale Rolle von Kommunen bei der Klimaanpassung erfordert weitere Unterstützung vom Bund.

Ein nachhaltiges Chemikalienmanagement anstreben

Die Verschmutzung von Luft, Wasser und Boden gehört zu den großen Umweltkrisen unserer Zeit. Dabei spielen die Einträge umwelt- und gesundheitsgefährdender Chemikalien eine zentrale Rolle. Mit der stetig wachsenden Produktion von Chemikalien wachsen auch die Herausforderungen eines nachhaltigen Umgangs mit diesen Stoffen. Der europäische Aktionsplan "Schadstofffreiheit von Luft, Wasser und Boden" und die europäische Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit haben wichtige Impulse zur Entwicklung eines nachhaltigen Chemikalienmanagements gesetzt. Die Bundesregierung sollte die geplante Überarbeitung der europäischen Chemikalienverordnung REACH unterstützen und auf eine zügige Umsetzung drängen. Wichtige Aspekte sind dabei die Bewältigung der großen Informationsdefizite bei der Registrierung von Chemikalien, ihre vorsorgende und effiziente Bewertung sowie die Abschätzung des Umwelt- und Gesundheitsrisikos durch Chemikalienmischungen.

Umwelt und Gesundheit in andere Politikfelder integrieren

Gesundheitsbezogener Umweltschutz erfordert integrative Ansätze, die unterschiedliche Disziplinen, Politikfelder sowie Ressortgrenzen überbrücken. Deshalb empfiehlt der SRU, bekannte Erfolgsbedingungen für Integration zu fördern. Dazu gehört zum Beispiel ein klares Commitment durch politische Entscheidungsträger:innen. Um der Zivilgesellschaft mehr Möglichkeiten zu geben, sich für den vorsorgenden Gesundheitsschutz einzusetzen, sollten Gesundheitsverbände mit umweltrechtlichen Verbandsklagerechten ausgestattet werden. Das im Jahr 2021 aktualisierte Aktionsprogramm Umwelt und Gesundheit kann aus Sicht des SRU ebenfalls einen wichtigen Beitrag leisten, wenn es mit mehr personellen und finanziellen Ressourcen ausgestattet wird.

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