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INTERVIEW: WIE KMU LERNEN, NACHHALTIGE DATEN LEICHTER ZU ERFASSEN

Viele KMU sind indirekt von der CSRD betroffen: Gemäß der europäischen Richtlinie müssen in Deutschland rund 15.000 Großunternehmen (statt bisher 500) ab Januar 2024 über ihr Nachhaltigkeitsengagement berichten. Die großen Unternehmen sind neu dazu verpflichtet, ihre direkten Lieferanten – d.h. mittlere bis kleine Betriebe – in die Nachhaltigkeitsberichterstattung einzubeziehen. Viele von diesen wissen jedoch nicht, wie und welche nichtfinanziellen Daten sie erfassen sollen. Dr. Sied Sadek, Geschäftsführer des B.A.U.M.-Mitglieds SQS Deutschland GmbH, erläutert im Interview, was sie tun können.

Die Spezialistin für Nachhaltigkeitsleistungen SQS Deutschland GmbH unterstützt Unternehmen bei der Transformation zum nachhaltigen Wirtschaften. Die SQS verifiziert Nachhaltigkeitsberichte, begleitet bei Ist-Analysen und bewertet Einzelaspekte sowie Lieferketten renommierter KMUs und Großunternehmen.

Dr.-Ing. Sied Sadek ist Geschäftsführer der SQS Deutschland GmbH. Der Nachhaltigkeitsexperte wirkt in verschiedenen Gremien an der Ausarbeitung von Normen mit und hat sich mit seinen Fachvorträgen in über 60 Ländern einen Namen gemacht. In Europa ist er der einzige mit einer LCSAP-Akkreditierung für den Prüfstandard AA1000, der höchste Prüfungssicherheit garantiert.


Herr Dr. Sadek, vor Kurzem äußerte Maria Gottenhuber, LinkedIn Top Voice für Nachhaltigkeit und Unternehmensberaterin, dass speziell kleinere Unternehmen nicht wissen, wo sie mit Nachhaltigkeit anfangen sollen. Kennen Sie das aus Ihrer Arbeit auch?

Ja. Viele Kunden sind irritiert und wissen nicht genau, welche Vorgaben sie erfüllen müssen oder welche Standards sie nehmen sollen. Wir arbeiten zum Beispiel mit Unternehmen, die zehn Mitarbeitende haben, und deren Firmen-Kunden jetzt sagen, sie hätten gerne einen OECD-konformen Bericht oder brauchen eine ESG-konforme Dokumentation ihrer Nachhaltigkeitsleistungen. Für viele kleine Unternehmen ist das eine Riesenherausforderung, weil sie weder die Strukturen noch die Ressourcen wie die großen haben.

Sind die Gesetze für die großen und übersehen sie die Nöte der kleinen?

Die EU und der Gesetzgeber berücksichtigen nicht, dass sie nur Großunternehmen ansprechen, und KMU unterwegs verlieren. EU-Richtlinien und Gesetze sollten so formuliert sein, dass auch die kleineren Firmen verstehen, worum es geht. Wir haben hier einen Welleneffekt – man fängt bei den großen an und trägt es zu den kleinen weiter. Ich erinnere mich an die Einführung der Qualitätsmanagementnorm ISO 9001 in den 1990er Jahren. Damals gab es auch eine große Verwirrung und heute ist es normal.

ISO-Normen fordern klar definierte Mindestanforderungen, Nachhaltigkeit beinhaltet vielseitige Aspekte. Wo können KUM ansetzen?

Die Firmen sollten – gemessen an ihren individuellen Aktivitäten und Herausforderungen – ihren positiven und negativen Impact in den ESG-Bereichen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung dokumentieren. Sie sollten sich damit beschäftigen, was sie Gutes tun, und anfangen, darüber Berichte zu schreiben. Weil früher oder später jeder betroffen ist. Sie können auch unseren kostenlosen Selbsttest machen, mit dem sich Unternehmen einen Überblick verschaffen können.

Wie sieht der erste Schritt zu einer Dokumentation aus?

Jede Organisation sollte zuerst ihre Ist-Situation erfassen: Was tun sie für die Umwelt? Wie sparen sie Energie? Und was ist mit der Mobilität? Wie kommen die Mitarbeitenden zur Arbeit? Gibt es Jobtickets für den Öffentlichen Verkehr oder Jobräder? Was tun sie im Bereich Soziales? Achtet eine Firma auf das Wohl der Belegschaft? Ein größerer Kunde hat zum Beispiel die Kosten für das Fitnessstudio für alle Mitarbeitenden übernommen. Und was tun sie im Bereich Governance? Hält sich die Unternehmensführung an die Gesetze? Integrität und Anti-Korruption sind hier Stichworte. Es kommt übrigens sehr stark auf die Branche an, ein Produktionsbetrieb antwortet anders als ein Dienstleister. Aber jeder sollte dokumentieren, was und wie er etwas macht, und welchen Beitrag er leisten könnte.

Wie sehen weitere Schritte aus?

Ein Unternehmen kann anschließend eine Nachhaltigkeitsstrategie entwickeln und einführen, egal wie groß oder klein es ist. KMU sind extrem wichtig. Wir brauchen den Mittelstand, um die Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.





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